© Stephan Doleschal

Veronika Prüller-Jagenteufel neue theologische Referentin

Veronika Prüller-Jagenteufel hat mit 1. Oktober ihre Aufgabe als theologische Referentin in der Caritas der Diözese St. Pölten übernommen. Darüber hinaus ist Frau Prüller-Jagenteufel auch Seelsorgerin im Caritas-Pflegewohnhaus St. Elisabeth. In einem Interview blicken sie und Caritasdirektor Hannes Ziselsberger mit großem Elan auf ihre zukünftigen Aufgaben.

 

Sie sind seit 1. September theologische Referentin der Caritas der Diözese St. Pölten. Warum haben sie sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe entschieden?

Mir ist aus meinem christlichen Glauben heraus die umfassende Sorge für die Schwächsten in unserer Gesellschaft sehr wichtig. Ich kenne die Caritas als großartige kirchliche Organisation, die konkrete Hilfeleistung in großer Menschlichkeit mit gesellschaftspolitischem Eintreten für Gerechtigkeit verbindet. Ich freue mich darauf, als Teil der Caritas dazu einen Beitrag zu leisten. Ich denke, auf diesem Posten kann ich meine Kompetenzen als Theologin und Seelsorgerin dafür gut einbringen.

Mein Wunsch, wieder in meiner Heimatdiözese St.Pölten zu arbeiten, war zudem davon beeinflusst, dass sich mein Lebensmittelpunkt ins Mostviertel verlagert hat und ich auch beruflich sozusagen „nach Hause“ kommen wollte. Wichtig war ebenfalls, dass ich mir nach 8 Jahren Management in der Kirchenentwicklung wieder mehr direkte Seelsorgearbeit gewünscht habe.

 

Was werden genau Ihre Aufgaben als theologische Referentin in der Caritas St. Pölten sein?

Der Posten ist neu und wird sich entwickeln. Eckpfeiler sind einerseits seelsorgliche Begleitung und Angebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas und andererseits die Anwaltschaft für die große Frage, wie und worin sich das christliche Profil der Caritas zeigt. Was die Arbeit dann konkret umfasst, ist erst noch zu entdecken. Es gehört aber jedenfalls dazu, aus theologischer Perspektive an Themen und  Fragen mitzuarbeiten wie z.B. der Ausrichtung des Gedenkens an 100 Jahre Caritas oder einem Konzept für Trauerbegleitung. Zudem fallen darunter auch etwa die Gestaltung der Seite „Zum Nachdenken“ in dieser Zeitung oder der Morgenandacht beim Caritas-Forum.

Wichtig ist mir dabei, dass ich für den seelsorglichen Zugang bzw. theologischen Blickwinkel einstehe, aber nicht die Einzige bin, die das kann und tut.  Es gibt in der Caritas viele Kolleginnen und Kollegen, die seelsorglich und theologisch begabt und kompetent sind. Ich hoffe, dass wir uns gegenseitig bereichern und ermutigen können.

 

Sie werden auch als Seelsorgerin für das Pflegewohnheim Haus St. Elisabeth in St. Pölten-Wagram tätig sein. Das legt nahe, dass Ihnen unter anderem auch die Begleitung alter Menschen besonders am Herzen liegt?

Ich habe während meiner Beratungsausbildung Praktika in Pflegeheimen gemacht und später kurz in Einrichtungen der Ordensgemeinschaft Caritas Socialis in Wien als Seelsorgerin gearbeitet mit Demenzkranken und mit Sterbenden. Dabei habe ich entdeckt, dass mir das Zusammensein mit diesen Menschen große Freude macht. Als ich vor ein paar Jahren dann meinen Vater auf seinem Weg durch fortschreitende Demenz bis zum Schluss begleiten konnte, war es wieder so, dass das trotz aller Mühen einfach eine großartige Zeit war.

Ich sehe hochaltrige Menschen als einen großen Schatz in unserer Gesellschaft. Sie erinnern an das, was wirklich wichtig ist: gute, tragende, vertrauensvolle Beziehungen, in denen ich schwach sein kann, ohne meine Würde und mein Ansehen zu verlieren. Den Menschen im Heim eine solche Beziehung anzubieten und dafür, wenn möglich mit ihnen gemeinsam, aus dem Glauben zu schöpfen,  ist für mich der Kern von Seelsorge im Pflegeheim – und darauf freue ich mich schon sehr.

 

Die Caritas St. Pölten hat sich in den letzten Jahren zu einer Organisation mit mehr als 2200 MitarbeiterInnen entwickelt, die in den unterschiedlichsten Lebensbereichen der Menschen helfen und unterstützen. Was bedeutet für Sie die Arbeit der Caritas? Woran möchten Sie im Besonderen mitwirken?

Jesus hat seine Überzeugung, wie Leben gelingt und glückt, auf die Formel gebracht: Liebe Gott aus ganzem Herzen und deinen Nächsten wie Dich selbst. Die Caritas lebt als Organisation diesen christlichen Auftrag zur Nächstenliebe. Für mich gehören diese zwei Dimensionen ganz eng zusammen: Nächstenliebe und Gottesliebe sind wie der vertikale und der horizontale Balken eines Kreuzes. Sie halten einander in der Balance und geben einander Kraft. Ich möchte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas sowie die Caritas als Organisation dabei begleiten, Spiritualität bzw. den Glauben an Jesus Christus immer mehr als Kraft- und Lebensquelle zu erfahren.

 

Was wollen Sie als Seelsorgerin den MitarbeiterInnen der Caritas für die Zukunft mitgeben?

Ich habe damals in der letzten Lebensphase meines Vaters die Kolleginnen und Kollegen der Caritas als großartige Menschen kennengelernt. Ihre kompetente und liebevolle Weise, mit meinem Vater und uns Angehörigen umzugehen, war achtsam, hilfreich, ermutigend, wertschätzend. Sie haben für mich – und ich meine, auch für meinen Vater – etwas spürbar gemacht von der liebevollen Art, mit der Gott sich um uns sorgt. Ich glaube, dass die konkrete Nächstenliebe – und darunter fällt auch jeder respektvolle, verantwortliche Klientenkontakt – ein „gottvoller“ Moment ist. Jesus sagt, dass wir ihm in den „geringsten“ Schwestern und Brüdern begegnen können; ebenso können wir in der Zuwendung zu anderen, ihnen eine Erfahrung Gottes ermöglichen. Caritasarbeit ist auch ein großartiger spiritueller Dienst, der Liebe und Freude in die Welt bringt. Das hat unsere Welt sehr nötig.

 

Herr Direktor Ziselsberger, warum ist Ihnen die theologische und seelsorgerische Begleitung bzw. die Wertearbeit in der Caritas ganz besonders wichtig?

Die Sorge für andere Menschen ist keine einfache Aufgabe. MitarbeiterInnen der Caritas sind in der sozialen Arbeit, in der Pflege, in der Beratung oder Therapie engagiert und tragen hier eine große Verantwortung. Es ist eine wichtige Form der Nächstenliebe, die wir in der Gesellschaft erbringen. Nächstenliebe braucht ein gutes Fundament, damit sie gut und erfüllt gelebt werden kann. Ein wichtiger Teil dieses Fundamentes ist der christliche Glauben, auf dem die Arbeit der Caritas aufbaut. Das christliche Doppelgebot der Liebe „Du sollst Gott lieben und Deinen Nächsten wie Dich selbst!“ ist ja eigentlich ein dreifacher Auftrag, nämlich die Liebe zu Gott, der alles erschaffen hat, die Liebe zum Nächsten und auch die Liebe zu sich selbst. Wie kann es aber gelingen, Gott, den Nächsten und sich selbst zu lieben? Hier suchen Menschen immer wieder nach Antwort und Theologie und Seelsorge können dabei helfen. Was wir tun, braucht immer Werte als Fundament, und darüber nachzudenken, lohnt sich.

 

Veronika Prüller-Jagenteufel wurde 1965 in St. Pölten geboren und ist mit dem Wiener Moraltheologen Gunter Prüller-Jagenteufel verheiratet. Nach dem Theologiestudium war sie Assistentin am Institut für Pastoraltheologie und promovierte 2001. Von 1999 bis 2010 war sie Chefredakteurin von „Diakonia – internationale Zeitschrift für die Praxis der Kirche“, daneben in der theologischen Erwachsenenbildung sowie in Geistlicher Begleitung tätig und im Rahmen der Caritas Socialis Seelsorgerin für Demenzkranke und in einem mobilen Palliativ-Team.