Unter dem Motto „Liebt nicht mit Worten, sondern in Taten“, hat Papst Franziskus heuer zum ersten Mal den Welttag der Armen ausgerufen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz wiesen Bischof Klaus Küng und Caritasdirektor Hannes Ziselsberger darauf hin, dass jeder 7. Mensch in Österreich von Armut betroffen ist. Die Caritas bittet aber nicht nur um Spenden, sondern zeigt auch Möglichkeiten der konkreten Hilfe auf.
Der Platz der Kirche ist an der Seite der Armen. – Diese Überzeugung prägt den „Welttag der Armen“, den Papst Franziskus jetzt für die Kirche eingeführt hat und der heuer erstmals weltweit am 19. November begangen wird. Die österreichischen Bischöfe haben dazu festgelegt, dass der „Welttag der Armen“ in allen Pfarrgemeinden Österreichs durchgeführt wird. Er steht unter dem Motto „Liebt nicht mit Worten, sondern mit Taten“.
Caritas heißt Hilfe von Angesicht zu Angesicht, Not sehen und handeln. Mehr als 50.000 Freiwillige und tausende hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind allein bei der österreichischen Caritas in diesem Sinn engagiert. Durch den „Welttag der Armen“ sollen aber auch die tieferen Ursachen von Armut und Ausgrenzung angegangen werden.
„Die Caritas der Diözese St. Pölten ist ein wesentlicher Teil der diözesanen Aufgabenstellung im Bereich der Diakonie. Die diözesane Caritas steht den Pfarren zur Seite, um auf Not vor Ort eine Antwort zu suchen und zu finden“, betont Caritasdirektor Hannes Ziselsberger. Hand in Hand können Pfarren und Diözesancaritas Not sehen, handeln und damit lindern.
Pfarrgemeinden sind für viele gesellschaftliche Herausforderungen verlässliche Partner und oft das verlässlichste soziale Netzwerk in den Ortschaften. Wir leben in Zeiten, in denen Menschen sehr viele Veränderungen aushalten müssen, in denen es eine große Unsicherheit gibt, was die Zukunft bringen wird. „In dieser Zeit der Angst, der Unruhe und der Ungewissheit können wir mit Aggression, Ausgrenzung, Hass und Gewalt reagieren, oder mit Zuwendung, Achtsamkeit oder Liebe. Wir Christen können eine klare Botschaft der Zuwendung, der Achtsamkeit und der Liebe vermitteln“, so Hannes Ziselsberger.
„Dieser Welttag der Armen will die Gläubigen anspornen, damit sie der Wegwerfkultur und der Kultur des Überflusses eine wahre Kultur der Begegnung entgegenstellen“, betont Bischof Klaus Küng. Gleichzeitig ergeht diese Einladung an alle Menschen, unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit, „damit sie sich als konkretes Zeichen der Brüderlichkeit für das Teilen mit den Armen in jeder Form der Solidarität öffnen.
Die Bischöfe unterstreichen mit Papst Franziskus die weltweite Verantwortung, die Österreich und Europa haben. Zugleich wollen sie mit der Elisabethkollekte am „Welttag der Armen“ auf Armut und Not hinweisen, die es auch in Österreich gibt. Nach wie vor gibt es hier bei uns zu viele Menschen, die nicht wissen, wie sie den Alltag aus eigener Kraft bewältigen sollen. Die Gerechtigkeit einer Gesellschaft zeigt sich darin, wie in ihr mit den Schwächsten umgegangen wird. Gerade in fordernden Zeiten gilt es, einander beizustehen und die Schwächsten nicht zu vergessen.
„Es ist der große Wunsch von Papst Franziskus, dass dieser neue Welttag zu einem starken Aufruf für unser gläubiges Gewissen wird, damit wir immer mehr davon überzeugt sind, dass Teilen mit den Armen es uns ermöglicht, das Evangelium in seiner tiefsten Wahrheit zu verstehen“, so Bischof Küng. „Die Armen sind kein Problem. Sie sind vielmehr eine Ressource, aus der wir schöpfen können, um das Wesen des Evangeliums in uns aufzunehmen und zu leben“, betont Küng
„Caritas übersetzt diese Haltungen sehr klar, in dem wir uns an die Seite derer stellen, deren Freiheit durch ungerechten Zwang eingeschränkt ist, deren Menschenwürde missachtet wird und die auf Grund fehlender Mittel nicht die Chance haben, ein Leben in Fülle zu leben. Wir stellen uns sehr bewusst an die Seite jener etwa 14 % der Bevölkerung, die von Armut bedroht sind“, sagt Caritasdirektor Ziselsberger.
Das sind immerhin etwa 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher. Darunter sind etwa 289.000 Kinder, 424.000 Männer und 495.000 Frauen. Die Caritas stellt sich auch sehr bewusst an die Seite von Ein-Eltern-Haushalten oder Mehrpersonenhaushalten mit drei Kindern, denn diese haben mit 39 % bzw. 23 % ein besonders hohes Armutsgefährdungsrisiko. Die Caritas stellt sich auch besonders an die Seite jener 366.000 Personen oder 4 % der Bevölkerung, die als manifest arm gelten.
„Unsere Sozialberatungsstellen berichten, dass immer mehr Personen zur Vorsprache kommen, wo Hilfe nicht mit einer einmaligen Überbrückung oder Aushilfe geleistet werden kann, sondern wo sich das Leben einfach nicht ausgeht“, berichtet Hannes Ziselsberger.
„In vielen Fällen sind es die Verschärfungen der Mindestsicherung, die hier wiederum vor allem Kinder treffen. Sowohl die Deckelung der Mindestsicherung als auch die gekürzte Mindestsicherung in den ersten 5 Jahren des Aufenthaltes in Österreich führen zu mehr prekären Lebens- und auch Wohnsituationen.“
So hilft die Caritas konkret
- Die Pfarren und die Sozialberatungsstellen der Caritas können bei finanziellen Engpässen durch Überbrückungshilfen oder die konkrete Übernahme von Kosten (wie z.B. für eine Waschmaschine, für Schulaufwendungen, für Energiekosten) helfen.
- Die carlas (Caritas SecondHand Läden) bieten einen günstigen Zugang zu gespendeten Kleidern, Haushaltsgegenständen oder sonstigen Alltagsbedarf. Mit der Stadtgemeinde Krems betreiben die Caritas dort durch den Verein JobCare auch einen Sozialmarkt.
- Wir können durch professionelle Sozialberatung Zugang zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten durch die öffentliche Hand oder private Organisationen ermöglichen und dabei auch ganz besonders auf die konkrete Lebensführung achtgeben.
- Wir können punktuell in Zusammenarbeit mit der Sozialhilfe des Landes NÖ auch Betreuung und Begleitung, z.B. im Mutter-Kind-Haus, durch Familienhilfe oder Familienhilfe PLus anbieten oder durch Spenden und Sponsoren für unsere Lerncafes einsetzen.
- Im Rahmen der beruflichen Integrationsprojekte führen wir Jugendliche aus armutsgefährdeten Situationen an den Arbeitsmarkt heran. Denn Arbeit ist immer noch die beste Versicherung gegen Armut.
Hilfe in den Pfarren
„In den meisten Pfarrgemeinden gibt es Pfarrcaritasgruppen. Das sind ehrenamtliche MitarbeiterInnen in den Pfarren, die sich um soziale Angelegenheit in der Pfarrgemeinde kümmern“, erklärt Christian Köstler Leiter der PfarrCaritas der Caritas St. Pölten. Sie engagieren sich im Besuchsdienst bei alten, einsamen und kranken Menschen, sie leisten finanzielle Hilfe bei Notlagen, sind in der Flüchtlingsarbeit aktiv, spenden Trost für Trauernden, vermitteln zu professionellen Hilfseinrichtungen, organisieren Bildungsveranstaltungen zu aktuellen sozialen Themen, stellen Spenden für die pfarrliche und diözesane Caritasarbeit auf.
Was passiert am Welttag der Armen in Pfarren
- Teeausschank: Nach dem Gottesdienst wird in vielen Pfarren bei heißem Tee zur Begegnung am Kirchenplatz oder im Pfarrhof eingeladen.
- Teeverkauf: In rund 50 Pfarren wird auch der sogenannte Caritas-Tee (ein Produkt von Sonnentor) um € 3,50 zum Verkauf zu Gunsten der Caritas Inlandshilfe angeboten.
- Besuche: Die Teebeutel mit dem Caritastee sollen nicht nur auf die Sammlung aufmerksam machen sondern sie sind auch eine Einladung an alle Kirchenbesucher, einen vielleicht schon lange geplanten Besuch bei alten, kranken oder einsamem Menschen in der Nachbarschaft oder in der Verwandtschaft zu machen.
- Warenkörbe für Menschen in Not: Am 19. November wird auch in manchen Pfarren dazu aufgerufen haltbare Lebensmittel und Hygieneartikel als Sachspenden in einen bereitgestellten Warenkorb zu geben. Die gesammelten Sachspenden werden dann entweder direkt in der Pfarre von der Pfarrcaritas an bedürftige Menschen verteilt, oder sie werden an einen Somamarkt oder eine Teamtafel zur Verteilung weitergegeben.
- Besuch von pflegenden Angehörigen oder trauernden Menschen: Der Welttag der Armen ist für einige Pfarrcaritasgruppen Anlass, pflegende Angehörige oder trauernde Menschen in der Pfarre zu besuchen und damit Anteil an ihrem Leben und ihrer Situation zu nehmen.
- Einladung zum Essen: Papst Franziskus möchte heuer auch viele Pfarrgemeinden ermutigen, rund um den Welttag der Armen, Menschen in unterschiedlichen Notsituationen zum gemeinsamen Essen oder zum Pfarrkaffe in die Pfarrgemeinschaft einzuladen.