Altern ist mehr als eine Anhäufung von Abschieden und Trauern ist mehr als das Loslassen lieber Verstorbener. Alt zu werden kann mit vielfältigen Verlusterfahrungen einhergehen. Der Studientag richtete sich an Begleiter*innen von alten Menschen, die sie in ihren Trauerprozessen unterstützen wollen und rückte das Altwerden als einen vielschichtigen Prozess und die Trauer als Reaktion auf verschiedenste Arten von Verlusterfahrungen in den Blick der 50 Teilnehmer*innen im Bildungshaus St. Benedikt in Seitenstetten.
Das Impulsreferat von Dr.in Vera Gallistl, Soziologin und Altersforscherin, räumte mit dem Klischeebild von den traurigen Alten auf und skizzierte das Alter als facettenreichen Lebensabschnitt, der heute gut 25 Jahre dauern und immer öfter auch im hohen Alter aktiv gestaltet werden kann. Zugleich wird die menschliche Verletzlichkeit in dieser Zeit auf besondere Weise sichtbar. Dass wir verletzlich sind, ist aber nicht primär Anlass zu Trauer, sondern eine Basis des Verbundenseins mit anderen. In den Verlusterfahrungen, die das Altern auch begleiten können, erweist sich die Trauer als ein Hinweis auf die Verbindungen, die das Leben ausmachen. Riten und gemeinschaftlich geteilte Erfahrungen helfen dabei, Verluste ins Leben zu integrieren. Ein wesentlicher Schlüssel dazu ist, auch im Alter weiter zu lernen und sich weiter als Person zu entwickeln.
Das Impulsreferat von Mag.a Daniela Musiol, Beraterin und Mediatorin, stellte verschiedene Modelle von Phasen bzw. Dimensionen des Trauerprozesses dar und plädierte dafür, auch „entrechtete Trauer“ wahrzunehmen, also Anlässe und Formen von Trauer, die gesellschaftlich nicht anerkannt sind. Gerade beim Älterwerden können Verluste, die von anderen als „nicht so schlimm“ wahrgenommen werden, sehr belastend sein: vom Abschied vom alten Hund als langem Weggefährten bis zum Auszug aus der eigenen Wohnung und zur Auseinandersetzung mit unerfüllt gebliebenen Lebenswünschen. Kraft liege gerade im Alter in der Erinnerung, in die durch bewusstes Erzählen auch die positiven Erfahrungen gehoben werden können. So könne ein Lebensrückblick, der Schönes und Schweres ausbalanciert, stärkend und heilsam sein.
In den vier Workshops fand danach eine vertiefende Auseinandersetzung mit konkreten Beispielen aus der Begleitung älterer Menschen sowie mit eigenen Verlust- und Alterserfahrungen statt.
Isabella Ehart, Theologin, verwies auf Spiritualität als Ressource, um in den großen Abschied hineinzuwachsen. Christa Herzberger, Regionalleiterin der Pfarrcaritas, stellte Projekte zur Bekämpfung von Einsamkeit vor. Marianne Pichlmann, Schriftstellerin, Pädagogin und Pastoralassistentin leitete in einer Schreibwerkstatt zur kreativen Annährung an Alter und Trauer an. Gabriele Nemeth von der Caritas-Kompetenzstelle Demenz zeigte Möglichkeiten auf, an Demenz Erkrankte auch in Trauerprozessen hilfreich beizustehen.
Gerti Ziselsberger, Leiterin der Kompetenzstelle Trauer, Lucia Deinhofer, Leitern des Bildungshauses und Veronika Prüller-Jagenteufel, theologische Referentin der Caritas, führten durch den Tag.